Mercedes-Benz    O 303 9 R

Baujahr: 1981


Hersteller:
Mercedes-Benz
Typ:
O 303 9 R
Aufbau: ..wie Hersteller Motor: OM 401
Leistung/Hubr.: 216 PS / 10888 ccm Gewicht: 12000 zul. kg
Länge:8678 mmBreite:2500 mm
Höhe:3030 mmPlätze:29+1

Vita:
Absoluter Sonderling in der Sammlung der Traditionsbus Berlin ist dieser Mercedes-Benz O 303, der bei der BVG die Wagennummer 1360 trug. Reisewagen waren im Fuhrpark der BVG immer Ausnahmeerscheinungen. Die BVG orderte 1963 das erste Mal einen Mercedes Reisebus vom Typ O 321 HL (Wagen 631). 1970 wurde vorerst der letzte Mercedes vom Typ O 302 (Wagen 53 später 1353) an die BVG ausgeliefert. Zehn Jahre lang fiel die Wahl bei Reisefahrzeugen danach ausschließlich auf Büssing, Magirus-Deutz und MAN. Erst im Mai 1980 wurden wieder Fahrzeuge aus Mannheim beschafft, obwohl es den O 303 schon seit 1974 gab. Zwei Mercedes-Benz O 303 15 R (Wagen 1352, 1357) wurden im Mai und August 1980 angeschafft. Die Angabe 15 R bezieht sich hierbei auf die höchstmögliche Zahl an Sitzreihen, die bestellt werden konnte. Die BVG hat die Fahrzeuge mit weniger Sitzreihen bestellt. Das wirkte sich positiv auf die Beinfreiheit aus und erhöhte so den Komfort. So gab es im kurzen O 303 9 R statt 37 + 1 nur 29 + 1 Sitzplätze, dafür aber einen Meter Beinfreiheit. Nach den zwei "großen" Mercedes O 303 orderte die BVG im Jahr 1981 noch drei kurze O 303 9 R (Wagen 1358 - 1360). Wagen 1360 ist der Bus, den die Mitglieder der Traditionsbus Berlin im Oktober 2018 im Internet angeboten fanden. Der BVG-Reisewagen 1360 wurde am 20. Mai 1981 erstmalig zugelassen. Wie alle Reisebusse stand auch er auf dem Betriebshof Helmholzstraße immer in der Halle und wurde regelmäßig bei Mercedes-Benz in der Seeburger Straße gewartet und repariert. Auffällig ist, dass das Fahrzeug recht spartanisch ausgestattet war. Die BVG hatte sich nur wenig aus der schon damals recht umfangreichen Liste der Extras bedient. So gab es z. B. keine Toilette an Bord. Auf eine Klimaanlage oder eine damals noch übliche Fahrertür wurde ebenfalls verzichtet. Anstelle einer Klimaanlage gab es drei Deckenlüfter und zwei große Dachluken. Im Innenraum gab es statt eines vornehmen Teppichbodens nur einen Linoleumbelag. Die drei O 303 9 R waren 1981 die ersten Reisebusse, die mit einem Anti-Blockier-System ausgerüstet waren. Dadurch bekamen diese Fahrzeuge auch eine 100 km/h-Zulassung. Eingesetzt wurden die Fahrzeuge für Miet- und Sonderfahrten aller Art. Aber auch der BVG Vorstand griff gerne auf die komfortablen Fahrzeuge zurück, wenn es einmal zu einem "Außentermin" ging. Insgesamt fuhren die drei kurzen O 303 aber nicht viel bei der BVG. Der 1360 wurde im Juni 1992 mit nur 114.000 km abgestellt und zum Verkauf angeboten. Zunächst übernahm eine Freizeitgruppe von BVG-Mitarbeitern, die unter dem Namen "Der Zehlendorfer" tätig war, den Bus, der nun auf dem Betriebshof Zehlendorf einen festen Stellplatz hatte. Das Kennzeichen lautete nun B - DC 4730. Später übernahm den Bus das Unternehmen "Weiss-Reisen" aus Bad Rodach in Franken. Weiterhin in BVG-beige lackiert wurde der Wagen nun im Schüler- und Gelegenheitsverkehr eingesetzt und ab und zu auch als Reisebus. Liebevoll nannte der neue Besitzer den Wagen "Die Prinzessin". Im Jahr 2017 wurde die Firma Weiss-Reisen aus Altersgründen geschlossen. 1360 hatte nun stolze 739.000 km auf der Uhr. Schließlich wurde er für 1.000 Euro an einen Gebrauchtwagenhändler in Hamburg verkauft. Im Jahr 2018 tauchte der Bus dann erstmals im Internet auf. Stolze 15.000 Euro sollte er kosten. Mitte des Jahres 2018 wurden die Mitglieder von Traditionsbus Berlin erstmals auf den Bus aufmerksam, der jetzt nur noch 7.990 Euro kosten sollte. Natürlich wurde der ehemalige Berliner Bus in Augenschien genommen und ein Ankauf in Erwägung gezogen. Am 11. Januar 2019 wurde der Bus erstmals begutachtet. Knapp ein Jahr stand der Wagen da schon auf dem Hof des Verkäufers. Das Dach war undicht und es regnete an mehreren Stellen in den Bus. Das Salz der Straßen in Oberfranken hatten der Karosserie zugesetzt. Die Sitze waren verschlissen und hatten durch den Regen auch begonnen zu schimmeln. Beim zufälligen Öffnen des Handschuhfachs fand sich die originale BVG-Bordmappe auf und lieferte den ultimative Beweis, dass es sich bei dem Fahrzeug um den Reisewagen 1360 handelte. Die Technik faszinierte ebenfalls. 1360 wäre der erste Bus im Traditionsbus-Bestand mit einem V-Motor, dem kleinen V 6 mit 216 PS aus 10,8 Litern Hubraum. Am 9. Februar 2019 waren die Verhandlungen mit dem Verkäufer abgeschlossen. Es wurde natürlich deutlich weniger bezahlt als die ursprünglich geforderte Summe. Um 14.18 Uhr rollte 1360 mit 739.944 km auf dem Tacho vom Hof des Autohauses Richtung Berlin. Es war eine abenteuerliche Fahrt, da der Motor wegen einer undichten Kraftstoffleitung einige Male ausging, aber gegen 20 Uhr wurde Berlin erreicht. 1360 war nach einigen Jahren endlich wieder in seiner Heimat. Die Technik wurde danach soweit instandgesetzt, dass der Bus wieder problemlos bewegt werden konnte. Ein erstes Angebot für die Sanierung des Wagens wurde eingeholt. Kreuz und quer ging es durch Deutschland, um Ersatzteile für den Bus aufzutreiben. Eine noch nicht gelöste Herausforderung ist die Beschaffung des Ersatz-Sitzstoffes im authentischen Design. Es ist geplant, genau den Zustand des Busses wieder herzustellen, wie ihn die BVG einst bestellt und ausgeliefert bekommen hat. Im Oktober 2020 hatte der Bus erstmals einen Filmauftritt in einem Werbespot für einen Telefonanbieter. Eine stolze Sekunde lang konnte der Wagen im Bild gesehen werden. Quelle: www.traditionsbus.de



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