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Die Restaurierung und Rekonstruktion eines historischen Kraftfahrzeuges - Spezialisten sind gefragt

Unter Restaurierung versteht man "Wiederherstellungsmaßnahmen an beschädigtem oder verfallenem Kunst- und Kulturgut mit dem Ziel die ästhetischen, künstlerischen und historischen Werte zu bewahren und lesbar zu machen` (Brockhaus, 1998, Band 18, RAH - SAF, S. 298).


Diese Definition bezieht sich auf Kulturgüter wie Gemälde, mittelalterliche Bauwerke und historische Bücher gilt aber grundsätzlich auch für historische Kraftfahrzeuge z.B. Automobile, Lastkraftwagen und Omnibusse. Historische Kraftfahrzeuge befinden sich aber meist in einem Zustand, der auch Rekonstruktionen erfordert, d.h. die Neuanfertigung nicht mehr vorhandener Substanz. Bei der Restaurierung und der Rekonstruktion dürfen nur Techniken und Materialien verwendet werden, die die materielle Authentizität bewahren.

Zusammenfassend: Die Restaurierung und Rekonstruktion eines historischen Kraftfahrzeugs beinhaltet alle Maßnahmen, die dazu dienen, das Fahrzeug, bei maximaler Substanzerhaltung, in seinen authentischen Zustand unmittelbar nach seiner Herstellung zurückzuversetzen. Darunter fällt die Beseitigung von Unfallschäden, von durch Menschenhand vorgenommenen Veränderungen und der auf natürliche Einflüsse zurückzuführenden Materialschäden. Ebenso schwierig erweist sich das, was unter einem historischen Kraftfahrzeug (Als Synonym wird im deutschsprachigen Raum das Wort "Oldtimer" verwendet) zu verstehen ist, hierfür existiert keine einheitliche oder genormte Definition. Die Kriterien, die für die Einstufung zum historischen Kraftfahrzeug (Oldtimer) herangezogen werden, beziehen sich aber immer auf das Alter, die Authentizität und den Zustand des Fahrzeugs, wobei sich die Beurteilung dieser drei Faktoren als sehr schwierig erweisen kann, wenn z.B.:

  • kein Fahrzeugbrief existiert
  • die Historie des Fahrzeugs nicht belegbar ist
  • keine oder nur wenig Literatur zu dem Fahrzeug existiert
  • im Laufe der Zeit Veränderungen an dem Fahrzeug vorgenommen wurden
  • sich das Fahrzeug in einem schlechten Zustand befindet und viele Teile fehlen.

Die nachfolgende Definition ist an den 'Anforderungskatalog für die Begutachtung von Old-timern " (vgl. TOV Süddeutschland, Hrsg., 2002), der die Problematik einer Klassifizierung am anschaulichsten beschreibt, angelehnt und lautet wie folgt:

Ein historisches Kraftfahrzeug ist ein Kraftfahrzeug das vor mindestens 30 Jahren hergestellt wurde, sich nicht im Alltagsgebrauch befindet und sich weitestgehend, ob original oder restauriert, in dem authentischen Zustand unmittelbar nach seiner Herstellung befindet. Die Hauptbaugruppen wie Karosserie, Motor, Fahrwerk, Getriebe müssen authentisch sein. Eventuell vorhandenes Zubehör, Umbauten und sonstige Veränderungen müssen ebenfalls authentisch sein. Um diese Kriterien bei einer Restaurierung und Rekonstruktion einhalten zu können, ist eine sehr umfangreiche Vorbereitung und sorgfältige Durchführung notwendig, die folgende Abläufe beinhaltet:



1.)

Fahrzeugidentifikation - Ermittlung der Fahrzeugdaten und -historie



2.)

Information - Beschaffung von Unterlagen wie:

  • Betriebsanleitung
  • Ersatzteillisten
  • Reparaturhandbücher
  • Veröffentlichungen (Zeitschriften, Bücher etc.)
  • Ausstattungsvarianten
  • Farbvarianten
  • Ersatzteillieferanten
  • Spezialisten für Unteraufträge
  • Markt- und Preisinformationen

Bei den Preisinformationen ist zu beachten, daß sich der Preis letztlich danach bemißt, wieviel ein Liebhaber im Einzelfall dafür bereit ist zu bezahlen. Preisspiegel haben dadurch nur eine bedingte Aussagekraft. Nehmen Sie Kontakt zu namhaften Oltimer-Clubs auf und sprechen Sie mit den Experten für das zu restaurierende Modell. Holen Sie, wenn notwendig, den Rat eines anerkannten Gutachters ein, der Erfahrungen mit dem Fahrzeugtyp hat.


3. )

Fahrzeug-Zustandsbeschreibung - Eine gründliche Überprüfung des zusammengebauten Fahrzeugs zur Dokumentation von:

  • Funktionsfähigkeit
  • Vollständigkeit
  • Originalität/Authentizität
  • Typenzugehörigkeit
  • Beschädigungen
  • Ersatz und Teilersatz



4.)

Zerlegung des Fahrzeuges und Entlackung der Karosserie - Erst danach läßt sich anhand einer Originalersatzteilliste eine detaillierte Aussage treffen bezüglich:

  • Teile, die direkt wieder verwendet werden können - Fehlende Teile
  • Art und Umfang von Beschädigungen
  • Unsachgemäß instandgesetzte oder ersetzte Bauteile bzw. Baugruppen (z.B. dicker Polyesterauftrag und versteckter Rost)
  • Notwendige Arbeiten

Dabei ist zu bedenken, daß ein mittel großes Fahrzeug leicht aus mehr als 5000 Teilen bestehen kann. Aus diesem Grund sind die Bauteile sorgfältig sowie systematisch zu erfassen und in Behältnissen und Regalen zu ordnen. Dabei sind auch die Schritte, deren Reihenfolge beim späteren Zusammenbau und der Montage unbedingt eingehalten werden müssen, zu dokumentieren.



5.)

Arbeitsvorbereitung - Eine gründliche Vorbereitung garantiert die Einhaltung von Termin sowie Preisaussagen und beinhaltet folgende Schritte:

  • Erstellung des Restaurierungskonzeptes
  • Ermitteln der Preisen und Lieferterminen von Zukaufteilen
  • Einholen von Angeboten und Terminen für die Fremdvergabe - Erstellen von Zeichnungen
  • Ermitteln der Kosten/Termine bzw. einholen von Angeboten/Terminen für das Anfertigen von Hilfswerkzeugen und Hilfsvorrichtungen
  • Erstellen der Arbeitspläne
  • Ermitteln der Zeiten
  • Ermitteln des Fertigstellungstermins - Ermitteln der Kosten
  • Erstellen der Vorkalkulation - Erstellen des Angebots

Dabei ist zu beachten, daß die Restaurierungskosten, zumindest wenn es sich um eine Vollrestaurierung handelt, den späteren Marktwert meist erheblich übersteigen.



6.)

Arbeitsdurchführung - Wie oben bereits erwähnt, dürfen bei der Restaurierung und der Rekonstruktion nur Techniken und Materialien verwendet werden, die die materielle Authentizität bewahren. Leider zeigt die Praxis, daß sehr viele der historischen Kraftfahrzeuge, die angeboten werden, unsachgemäß restauriert und dadurch in ihrem Wert gemindert wurden.
Die obigen Ausführungen sollen veranschaulichen, wie umfangreich, komplex und schwierig die Restaurierung und Rekonstruktion eines Kraftfahrzeuges ist. Das setzt in sehr hohem Maß Fach- und Hintergrundwissen, Geduld sowie handwerkliches und organisatorisches Können voraus. Aus diesen Gründen ist eine fachgerechte Restaurierung und Rekonstruktion nur dann gewährleistet, wenn Sie von erfahrenen, qualifizierten Spezialisten durchgeführt wird.
Da es in Deutschland und Europa einerseits immer weniger dieser Spezialisten gibt, diese aber anderseits dringend gesucht werden, hat die Fahrzeugakademie Schweinfurt in den letzten Jahren ein bedarfsorientiertes Weiterbildungsangebot erarbeitet, das den Erwerb der notwendigen Qualifikationen ermöglicht. Informationen darüber erhalten Sie bei der


Fahrzeugakademie Schweinfurt
Herrn Matthias Dingfelder
Georg-SchäferStr. 71
97421 Schweinfurt
Telefon: 09721/7858-140
e-mail: m.dingfelder@hwk-ufr.de

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